Ich lebe einfach – Gott sorgt für mich!

Im Gespräch mit Gisela Spandow

Frau Spandow, haben Sie Angst vor dem Tod?
Nein, höchstens vor einem qualvollen Sterben. Da habe ich mich so gut es ging mit einer Patientenverfügung vorbereitet. Ich will keine Lebensverlängerung, denn ich freue mich ja auf die eschatologische Vollendung!

Auf die was?
Auf die Vollendung in der Ewigkeit. Eschaton sind die zukünftigen Dinge und da hat Gott sich ja viel vorgenommen, wie wir in der Bibel lesen können – für jeden persönlich, für die Gemeinde, für Israel und für die Welt. Darauf freu ich mich. Nicht nur, dass ich selbst in den Himmel komme, sondern dass es ein Ziel gibt für diese ganze Welt.

Und dieser große eschatologische Gedanke gibt Ihnen Trost für Ihr eigenes kleines Leben?
Vorfreude gibt er mir. Ich bete oft nach den Nachrichten, wenn ich wieder so viel Schlimmes gehört habe, um Vollendung dieser Welt. Ich glaube nicht daran, dass sich diese Welt verbessern kann, aber wenn Jesus wiederkommt, dann werden die Völker heil, auch die Gemeinde wird dann heil. Alle werden Ihn erkennen! Denn ich glaube, dass Jesus auferstanden ist und gesagt hat: Ich lebe und ihr sollt auch leben. Das ist wesentlich. Das genügt mir.

Woher kriegt man solche Gelassenheit? Wie lernt man, sich lebensbejahend und fröhlich auf den Himmel vorzubereiten?
„Erwartungsvoll“ ist das richtige Wort. Das hängt alles an der Beziehung zu Jesus. Ich habe schon als kleines Kind, als ich im Krieg allein nach Ostpreußen evakuiert wurde, beten gelernt. So, wie es mir grad ums Herz war, hab ich mit Gott geredet. Das hat durchgehalten. Ich habe auch immer viel in der Bibel gelesen. Sonst weiß man ja gar nicht, was Gott uns alles für die Ewigkeit anbietet. Wenn da steht: Fürchte dich nicht! – will ich das ernst nehmen.

Was bedeutet Ihnen Jesus?
Alles. Er ist Inhalt, Ziel und Hoffnung meines Lebens. Manchmal frage ich mich selbst, warum glaubst du das noch angesichts dessen, was in den Nachrichten kommt und was Menschen einander antun und Gott greift nicht ein? Mich beschäftigen zum Beispiel sehr die vielen Ertrunkenen im Mittelmeer – warum? Ich habe mir mal aus einer Zeitschrift einen kleinen Zettel ausgeschnitten von einem Professor, den trag ich immer bei mir, falls mich mal jemand so etwas fragt. Darauf steht: Es gibt kein Leben ohne Leiden. In Gott hat das unverschuldete Leiden einen Platz. Wir können trauern, weinen, zweifeln, wütend sein – Hauptsache, wir sind damit bei ihm. Dann versinken wir nicht in unserem Leiden.

Was würden Sie jemandem raten, der trotzdem Angst hat?
Zu beten. Das Gebet ist der Schlüssel, um Angst zu überwinden; Gebet, Lieder und Bibelverse. Ich habe in punkto Gebet keine dramatischen Dinge erlebt, aber ich bin bei Ihm und Er ist bei mir. Das reicht. Und loslassen lernen, mit leichtem Gepäck unterwegs sein. Das macht es leichter.

Das ist aber schwer!
Für mich war es eine Berufung. Nicht zu einer Kommunität, – das hätte ich mir auch gut vorstellen können –, sondern zu einem bestimmten Lebensstil. Ich habe Franziskus immer sehr geliebt, so radikal arm wie er wollte ich leben, habe aber gemerkt, das geht im normalen Leben nicht. Da musste ich umdenken. Ich lebe einfach – Gott sorgt für mich. Im Grunde bin ich bereit, alles zu verschenken, was nicht niet- und nagelfest ist. Ich habe hier einen Zettel, auf den ich geschrieben habe, was ich mir im Falle eines plötzlichen Todes wünsche. Da steht auch: „Ich habe nicht viel Geld, aber ich danke für den Reichtum meines Lebens. Das sind v.a. Menschen – meine Familie, Freunde und meine vielen Geschwister auf der ganzen weiten Welt.

Und was steht da noch so drauf?
Ich will keine Trauerfeier, sondern einen Dankgottesdienst für Gottes Treue in meinem Leben. Und welche Bibelworte mir wichtig sind. Zum Beispiel Psalm 73: Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand. Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Wenn ich nur dich habe, frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, bist du doch allezeit meines Herzens Trost und mein Teil. Das ist eines meiner Kernworte. Oder Offenbarung 7, wo von der „unzählbaren Schar“ in den weißen Kleidern vor Gottes Thron die Rede ist. Und dann natürlich die Liedverse, die die Gäste an meiner Beerdigung singen sollen: Aus dem Lied „Ist Gott für mich so trete gleich alles wider mich“ hat es mir besonders Vers 3 angetan, wo es heißt: „… an mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd, was Christus mir gegeben, das ist der Liebe wert.“ Außerdem wünsche ich mir einen ganz einfachen Sarg, der aber weiß angepinselt sein soll. Und statt Blumen ein Opfer für Straßenkinder, z. B. für Onesimo in den Philippinen. Und dann ist mir noch wichtig, dass eine Osterkerze oben auf dem Sarg steht.

Da haben Sie aber genaue Vorstellungen! Ist das ein neuer Zettel?
Nein, die erste Auflage ist von 1965, da war ich 30 Jahre alt. In der Zeit sind sehr viele Verkehrsunfälle auf der Straße passiert, auf der ich selbst täglich mit meinem Moped unterwegs war. Ich sagte mir damals, mich könnte es ja auch mal erwischen. Darauf will ich vorbereitet sein. Aber ich nehme mir diesen Zettel immer mal wieder vor und aktualisiere ihn.

Jetzt sind Sie fast 82 Jahre alt. Was wünschen Sie sich?
Gesund zu bleiben, um noch ein bisschen was zu tun in der Gemeinde und unter den vielen Ausländern in Greifswald. Denn ich bemühe mich, den Ausländern und Asylsuchenden in unserer Gemeinde geschwisterlich nah zu sein ohne Rücksicht auf Verluste. Und dann gibt es ja noch so viele alte und einsame Menschen in meiner Umgebung, die besuche ich gern. Wir sind ja alle unterwegs, so wie es in dem Spruch von Bodelschwingh heißt, der da oben auf dem Schrank steht: Nach Hause kommen, das ist es, was das Kind von Bethlehem allen schenken will, die weinen, wachen und wandern auf dieser Erde.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stelle Rebekka Havemann

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